Weichteilprobleme, Haglund, Fersensporn, Neurom

Achillodynie / Haglunddeformität / dorsaler Fersensporn

Die Achillodynie ist ein Schmerzsyndrom der Achillessehne, des Ansatzes der Wadenmuskulatur am Fersenbein. Sie gehört unter anderem mit dem Golferellenbogen und dem Tennisellenbogen in die Gruppe der Insertionstendopathien. Es handelt sich um eine entzündliche Reaktion auf mechanische Schädigung von Sehnengewebe durch Mikrotraumata und damit um eine eher häufige Erkrankung. Die Veränderungen im Gewebe treten in der Regel ca. 0 - 6 cm oberhalb des Ansatzes am Fersenbein auf.

Ursachen

Als Ursache der Achillodynie wird eine lokale, meist chronische Überbeanspruchung der Achillessehne angeschuldigt, wobei ständige gleichförmige Belastungen (Langstreckenlauf) genauso vorkommen wie ungewohnte, kurze Tätigkeiten (Aufnahme eines neuen Sportes). In vielen Fällen ist die Ursache nicht erkennbar. Daneben treten Achillodynien aber auch als Folge anderer Erkrankungen wie Arthrose des Sprunggelenkes oder einer Fußdeformität auf. Sehr häufig sind Achillodynien Folge einer sog. Haglunddeformität, d.h. einer Vorwölbung des Fersenknochens in Richtung Achillessehne. Dagegen ist der dorsale Fersensporn keine Ursache sondern Folge einer Achillodynie. Bei der Achillodynie ist die Sehne meist massiv verdickt und im Inneren der Sehne findet sich degenerativ und/oder entzündlich verändertes und/oder nekrotische d.h. abgestorbenes Gewebe. Dabei spielt die ohnehin bei der Achillessehne problematische Durchblutung eine wichtige Rolle.

Symptome

Leitsymptom der Achillodynie / Haglunddeformität / dorsaler Fersensporn ist der in seiner Intensität belastungsabhängige Schmerz im Verlauf der Achillessehne, meist verbunden mit einer Schwellung.

Diagnostik

In der Regel reichen eine klinische Untersuchung und eine zur Diagnosesicherung aus. Es ist zwingend eine Röntgenuntersuchung des gesamten Fußes im Seitenvergleich in 2 Ebenen im Stehen mit Belastung nötig. Nur Anhand dieser Röntgenbilder kann eine korrekte Ausmessung einer eventuell vorhandenen Haglunddeformität erfolgen. Bei komplexen Verläufen ist zusätzlich eine MRT erforderlich um das Ausmaß der Achillessehnenschädigung zu analysieren.

Beim Röntgen mit Belastung (siehe unten) werden der Cheveaux-Lieux-Winkel und der Pavlov-Winkel bestimmt. Der Cheveaux-Lieux-Winkel ist ein Maß für die Vorwölbung des Fersenknochens nach hinten. Es ist der Winkel zwischen der Senkrechten und der Hinterkante des Fersenbeins vom Achillessehnenansatz aus gemessen. Dieser befindet sich nicht am "höchsten" Punkt des Knochens sondern unterhalb der Mitte (Scheitelpunkt des gelben Winkels). Der Cheveaux-Lieux-Winkel ist normaler Weise >15°, d.h. die Hinterkante des Knochens ist mindestens 15° nach vorne gekippt. In diesem Fall ist der Winkel sogar negativ, d.h. die Knochenkante ist nach hinten gekippt, wodurch der Knochen in die senkrecht verlaufende Achillessehne drückt. Der Pavlov-Winkel ist ein Maß für die Vorwölbung des Fersenknochens oben. Es ist der Winkel zwischen Ober-und Unterseite des Knochens und dieser Winkel ist normaler Weise positiv, d.h. der Knochen ist vorne höher als hinten. In diesem Fall ist der Pavlov-Winkel negativ, d.h. der Knochen ist hinten höher als vorne und der hinten hochstehende Knochen drückt vor allem beim Aufsetzen des Fußes beim Gehen (Fersenkontakt) in die Achillessehne.

Standardröntgenaufnahme mit massiver Haglunddeformität. Diese kann nur auf Röntgenbildern, die im Stehen mit Belastung aufgenommen worden sind, adäquat ausgemessen werden. Weitere Beschreibung siehe oben.

3D-Röntgenbildgebung im Stehen (PedCAT) mit massivem dorsalen Fersensporn

MRT mit massiver Verdickung der Achillessehne und Haglunddeformität. Daneben finden sich degenerative und entzündliche Veränderungen in der Achillessehne und eine Entzündung im Bereich des Schleimbeutels (Bursa präpatellaris).

Bitte beachten Sie: Die folgenden Abbildungen zeigen explizit medizinische Themen in aller Deutlichkeit.

Therapie

Nichtoperative (konservative) Therapie
In Fällen ohne massiv ausgeprägte Haglunddeformität und/oder Fersensporn kann zunächst eine nichtoperative (konservative) Therapie erfolgen:

  • Regelmäßige Dehnung der Wadenmuskulatur.
  • Kühlung, z. B. durch Eisbehandlungen (nur temporäre Wirkung).
  • Orale antiphlogistische Therapie
  • Belastungsreduktion
  • Entlastung – die Sehne kann durch eine Absatzerhöhung in ihrer Grundspannung entlastet werden.  Eine weitere Entlastung ist auch durch das Weglassen von Einlagen mit Erhöhung im Bereich des Fußlängsgewölbes möglich.
  • Fersenweichbettung und -anhebung mit Gelkissen.

Von folgenden Maßnahmen raten wir ab:

  • Injektionen mit Kortison helfen zwar kurzfristig, zerstören aber nachweislich die Achillessehne.
  • Die Stoßwellentherapie hat keinen nachgewiesenen Nutzen und wird daher von den Krankenkassen auch nicht bezahlt. Im Gegensatz zur Kortisontherapie hat sie jedoch keine negativen Folgen.
  • Röntgenbestrahlung hat keinen nachgewiesenen Nutzen und ist karzinogen d.h. krebserregend.

Bei der ersten Übung wird sich vorwärts gegen eine Wand gelehnt mit Bodenkontakt der Ferse und gestrecktem Knie. Das andere Knie ist gebeugt wie auf der Abbildung gezeigt. Diese Stellung sollte für 10 Sekunden gehalten werden, dann entspannen und erneut dehnen. Dies sollte 20 Mal wiederholt werden und immer für beide Seiten durchgeführt werden.

Bei der zweiten Übung beide Füße voreinander gestellt und sich nach vorn gegen einen Tisch oder ein Board gelehnt. Die Knie werden gebeugt und in die Hocke gegangen und dabei solange wie möglich Bodenkontakt mit den Fersen gehalten. Wadenmuskulatur und Plantarfaszie werden dabei gedehnt. Diese Stellung sollte für 10 Sekunden gehalten werden, dann entspannen und erneut dehnen. Dies sollte 20 Mal wiederholt werden und immer für beide Seiten durchgeführt werden.

Operative Therapie
In Fällen mit erfolgloser nichtoperativer (konservativer) Therapie oder bei massiv ausgeprägter Haglunddeformität und/oder Fersensporn sollte operiert werden. Insbesondere eine vorhandene bei massiv ausgeprägte Haglunddeformität lassen keinen erfolgreiche nichtoperative (konservative) Therapie zu, da hier der Knochen bei jedem Schritt in die Achillessehne drückt. Bei dieser Operation erfolgt eine Debridement der Achillessehne und die Entfernung des regalhaft zwischen Achillessehne und Fersenknochen liegenden Schleimbeutels (Bursa präachillae). Beim Debridement wird in ausgedehnten Fällen die Achillessehne längs aufgeschnitten, das degenerativ und/oder entzündlich veränderte und/oder nekrotische, d.h. abgestorbene Gewebe entfernt und die Sehne und das Paratenon (Sehnenscheide) wieder verschlossen. Dann werden sorgfältigst die Haglunddeformität und der dorsale Fersensporn entfernt. Dieser Schritt ist extrem wichtig für den Behandlungserfolg. Häufig wird nämlich zu wenig Knochen entfernt und der verbleibende Knochen drückt dann wieder in die Sehne mit daraus resultierenden Schmerzen. In etwa 20% der Fälle muss sogar die Achillessehne entfernt werden um die Haglunddeformität bzw. den dorsalen Fersensporn komplett entfernen zu können. Die Sehne wird dann wieder am Knochen fixiert.

Zustand nach Entfernung einer Haglunddeformität mit deutlich positivem Cheveaux-Lieux-Winkel und Pavlov-Winkel (Beschreibung der Winkel s.o.).

Zustand nach Entfernung einer Haglunddeformität und dorsalem Fersensporn mit Ablösung und Reinsertion der Achillessehne. Diese wird mit einer sog. Corkscrew am Achillessehnenansatz befestigt.

Abtragung Haglunddeformität und Debridement bei Achillodynie. Das oberste Bild zeigt die Haglunddeformität und die Kompromittierung der Achlissessehne.  Das Bild darunter zeigt eine massiv verdickte Achillessehne. Die Achillessehne wird längs aufgeschnitten (drittes Bild von oben), das degenerativ und/oder entzündlich veränderte und/oder nekrotische, d.h. abgestorbene Gewebe wird sorgfältig entfernt (viertes Bild von oben) und die Sehne und das Paratenton (Sehnenschiede) wieder verschlossen (fünftes Bild von oben).  Die Haglunddeformität wurde abgetragen und die Achillessehne wird nicht mehr kompromittiert (Bild ganz unten).

Histologisches Präparat aus dem Resektats des obigen Falls (HE-Färbung, 200-fach vergrößert). Im oberen Bildbereich findet sich Achillessehnengewebe mit fast normaler Gewebetextur. Im unteren Bildbereich massive Veränderungen mit Gewebetexturstörung.

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung nach Operation erfolgt in den meisten Fällen mit sofortiger Vollbelastung in einem Konfektionsschuh mit 1cm Absatzerhöhung. Wenn intraoperativ mehr als 50% der Achillessehne abgelöst werden müssen erfolgt die Nachbehandlung analog zur funktionellen Behandlung der Achillessehnenruptur.